Planwirtschaft
Die Planwirtschaft stellt ein Wirtschaftssystem dar, das sich fundamental von marktwirtschaftlichen Systemen unterscheidet. In diesem Modell werden wirtschaftliche Entscheidungen nicht von privaten Akteuren am Markt, sondern zentral von staatlichen Planungsbehörden getroffen. Die historisch bedeutendsten Beispiele für Planwirtschaften fanden sich in der Sowjetunion und anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks.
Grundprinzipien der Planwirtschaft
In einer Planwirtschaft liegt das Eigentum an Produktionsmitteln überwiegend in staatlicher Hand. Private Unternehmen existieren entweder gar nicht oder spielen nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen werden Produktion und Verteilung von Gütern durch staatliche Planungsbehörden organisiert, die detaillierte Wirtschaftspläne erstellen. Diese Pläne legen fest, was in welcher Menge produziert wird, wie Ressourcen verteilt werden und welche Preise für Waren und Dienstleistungen gelten.
Die zentrale Planung erstreckt sich typischerweise über verschiedene Zeiträume. Langfristige Pläne, oft als Fünf- oder Mehrjahrespläne konzipiert, setzen grundlegende wirtschaftliche Entwicklungsziele. Mittelfristige und kurzfristige Pläne konkretisieren diese Ziele und übersetzen sie in spezifische Produktionsvorgaben für einzelne Wirtschaftszweige und Betriebe.
Organisation und Planung
Der Planungsprozess in einer Planwirtschaft ist hochkomplex und hierarchisch organisiert. An der Spitze steht üblicherweise eine zentrale Planungsbehörde, die die grundlegenden wirtschaftlichen Ziele festlegt. Diese werden dann über verschiedene Verwaltungsebenen bis hinunter zu den einzelnen Produktionseinheiten konkretisiert.
Die Planer müssen dabei eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen: verfügbare Ressourcen, Produktionskapazitäten, Transportmöglichkeiten, Arbeitskräftepotenzial und gesellschaftliche Bedürfnisse. Sie müssen auch die Interdependenzen zwischen verschiedenen Wirtschaftssektoren beachten. Wenn beispielsweise die Stahlproduktion erhöht werden soll, muss gleichzeitig die Versorgung mit Kohle und Eisenerz sichergestellt werden.
Preisbildung und Güterverteilung
In der Planwirtschaft werden Preise nicht durch Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern administrativ festgelegt. Die Preise sollen dabei nicht primär Knappheitsverhältnisse widerspiegeln, sondern politische und soziale Ziele unterstützen. Grundnahrungsmittel und andere lebenswichtige Güter werden oft stark subventioniert, um sie für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich zu machen.
Die Verteilung von Konsumgütern erfolgt teilweise über ein Rationierungssystem, bei dem bestimmte Waren nur in festgelegten Mengen pro Person erhältlich sind. Darüber hinaus spielen oft informelle Verteilungsmechanismen und persönliche Beziehungen eine wichtige Rolle beim Zugang zu knappen Gütern.
Arbeit und Beschäftigung
Die Planwirtschaft garantiert typischerweise ein Recht auf Arbeit. Arbeitslosigkeit im marktwirtschaftlichen Sinne existiert formal nicht, da der Staat als hauptsächlicher Arbeitgeber jedem einen Arbeitsplatz zuweist. Die Entlohnung orientiert sich weniger an der individuellen Produktivität als an sozialen Kriterien und politischen Zielsetzungen. Die berufliche Mobilität ist oft eingeschränkt, da Arbeitskräfte entsprechend den Planvorgaben bestimmten Sektoren und Regionen zugewiesen werden. Gleichzeitig bietet das System aber auch Möglichkeiten zur beruflichen Qualifikation und sozialen Absicherung.
Stärken und Schwächen des Systems
Die Planwirtschaft ermöglicht es theoretisch, gesellschaftliche Ressourcen gezielt für wichtige Entwicklungsziele einzusetzen. In der Praxis der historischen Planwirtschaften gelang es tatsächlich, in relativ kurzer Zeit eine Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen und eine industrielle Basis aufzubauen.
Allerdings zeigten sich auch fundamentale Schwächen des Systems. Die zentrale Planung erwies sich als zu unflexibel, um auf veränderte Bedürfnisse und technologische Entwicklungen zu reagieren. Das Fehlen von Marktpreisen als Knappheitsindikatoren führte zu Fehlallokationen von Ressourcen. Ohne Wettbewerbsdruck fehlten Anreize für Innovationen und Effizienzsteigerungen.
Ein grundlegendes Problem der Planwirtschaft ist die Bewältigung der enormen Informationsmengen, die für eine effektive Planung notwendig sind. Die zentrale Planungsbehörde müsste theoretisch über detaillierte Kenntnisse aller Produktionsmöglichkeiten, Ressourcenverfügbarkeiten und Konsumentenpräferenzen verfügen - eine praktisch unlösbare Aufgabe.
Zudem entstehen Anreizprobleme: Da die Betriebe nach Planerfüllung und nicht nach Gewinn bewertet werden, neigen sie dazu, leicht erfüllbare Planvorgaben anzustreben und Ressourcen zu horten. Die Qualität der Produkte spielt oft eine untergeordnete Rolle, was zu Mängeln in der Verarbeitung und geringer Kundenzufriedenheit führt.
Moderne Varianten und Übergangsformen
Heute existieren reine Planwirtschaften nur noch in wenigen Ländern wie Nordkorea. Andere nominell sozialistische Staaten wie China und Vietnam haben ihre Wirtschaftssysteme weitgehend für marktwirtschaftliche Elemente geöffnet. Diese Mischformen kombinieren staatliche Planung in strategischen Sektoren mit privater Wirtschaftstätigkeit in anderen Bereichen.
Auch in marktwirtschaftlichen Systemen finden sich planwirtschaftliche Elemente, etwa in der strategischen Planung großer Konzerne oder in der staatlichen Wirtschaftsförderung bestimmter Sektoren. Die Erfahrungen mit der Planwirtschaft haben gezeigt, dass eine gewisse wirtschaftliche Planung notwendig sein kann, diese aber flexibel genug sein muss, um Marktmechanismen nicht vollständig zu ersetzen.