Variable Kosten
Variable Kosten sind innerhalb der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung die Kosten, die sich in direkter Abhängigkeit von der Ausbringungsmenge (Produktionsmenge) eines Unternehmens verändern. Anders ausgedrückt: Je mehr produziert wird, desto mehr variable Kosten fallen an – und umgekehrt. Im Gegensatz zu Fixkosten, die unabhängig von der Produktionsmenge anfallen, weisen variable Kosten eine direkte Korrelation mit dem Produktionsvolumen auf. Ein klassisches Beispiel sind zum Beispiel Stromkosten. Je länger die Produktionsmaschine läuft, desto mehr Strom wird verbraucht. Läuft die Produktionsmaschine nicht, sinken die Stromkosten.
Arten variabler Kosten
Variable Kosten können in verschiedenen Formen auftreten, wobei der Zusammenhang zwischen Kostenhöhe und Beschäftigung unterschiedliche Verläufe annehmen kann. Die wichtigsten Erscheinungsformen sind:
Proportional variable Kosten steigen linear mit der Produktionsmenge an. Ein klassisches Beispiel sind Materialkosten: Wird die Produktionsmenge verdoppelt, verdoppeln sich auch die Materialkosten. Der Kostenanteil pro Stück bleibt dabei konstant. Dies trifft etwa auf Rohstoffe zu, die direkt in ein Produkt eingehen.
Degressiv variable Kosten nehmen zwar mit steigender Produktionsmenge zu, jedoch unterproportional. Das bedeutet, die Kosten pro Einheit sinken mit steigender Ausbringungsmenge. Dieser Effekt tritt häufig bei Energiekosten auf, wenn beispielsweise Maschinen bei höherer Auslastung effizienter arbeiten.
Progressiv variable Kosten steigen überproportional zur Produktionsmenge an. Dies kann etwa bei Personalkosten der Fall sein, wenn bei hoher Auslastung Überstundenzuschläge anfallen oder zusätzliche Schichten eingelegt werden müssen. Die Kosten pro Einheit steigen hier mit zunehmender Produktionsmenge.
Abgrenzung zu anderen Kostenarten
Um variable Kosten besser zu verstehen, ist eine klare Abgrenzung zu anderen Kostenarten essenziell. Der augenfälligste Unterschied besteht zu den Fixkosten, die unabhängig von der Beschäftigung anfallen. Während Fixkosten wie Miete, Versicherungen oder Grundgehälter auch bei Produktionsstillstand zu zahlen sind, entstehen variable Kosten nur bei tatsächlicher Produktion.
Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die zu Mischkosten, auch semi-variable Kosten genannt. Diese setzen sich aus einem fixen und einem variablen Anteil zusammen. Ein typisches Beispiel ist die Stromrechnung eines Produktionsbetriebs: Ein Grundbetrag fällt immer an (Fixkosten), der Verbrauch ist jedoch produktionsabhängig (variabler Anteil).
Auch die Unterscheidung zwischen Einzel- und Gemeinkosten ist relevant. Variable Kosten sind häufig, aber nicht immer, Einzelkosten, die sich direkt einem Kostenträger zuordnen lassen. Es gibt jedoch auch variable Gemeinkosten, die sich auf mehrere Kostenträger verteilen.
Bedeutung für die Unternehmenssteuerung
Die Analyse variabler Kosten ist für verschiedene betriebswirtschaftliche Entscheidungen von großer Bedeutung. Im Rahmen der Break-Even-Analyse helfen sie bei der Ermittlung der Gewinnschwelle, also jenes Punktes, ab dem ein Unternehmen Gewinne erwirtschaftet. Die Differenz zwischen Verkaufspreis und variablen Stückkosten ergibt den Deckungsbeitrag, der zur Deckung der Fixkosten beiträgt.
In der kurzfristigen Erfolgsrechnung spielen variable Kosten eine zentrale Rolle bei der Entscheidung über Zusatzaufträge oder Produktionsausweitungen. Solange der Verkaufspreis die variablen Kosten übersteigt und damit ein positiver Deckungsbeitrag erzielt wird, kann eine Produktionsausweitung auch dann sinnvoll sein, wenn der Preis unter den vollen Stückkosten (inklusive Fixkosten) liegt.
Für die Preiskalkulation sind variable Kosten ebenfalls entscheidend. Sie bilden die Preisuntergrenze im kurzfristigen Bereich, da ein Verkauf unter den variablen Kosten zu einem direkten Verlust führt. Langfristig müssen natürlich auch die Fixkosten gedeckt werden.
Praktische Ermittlung und Controlling
Die Erfassung und Kontrolle variabler Kosten erfordert ein ausgefeiltes Kostenrechnungssystem. Moderne ERP-Systeme unterstützen dabei, indem sie Materialbewegungen, Arbeitszeiten und andere variable Kostenfaktoren automatisch erfassen und zuordnen. Wichtig ist dabei die regelmäßige Überprüfung der Kostentreiber und ihrer Wirkungsweise.
Ein effektives Controlling der variablen Kosten umfasst mehrere Aspekte: Die kontinuierliche Überwachung der Kostenentwicklung im Verhältnis zur Beschäftigung ermöglicht es, Abweichungen frühzeitig zu erkennen. Durch Soll-Ist-Vergleiche können Ineffizienzen aufgedeckt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Die Analyse von Kostenverläufen über längere Zeiträume hilft dabei, Trends und Optimierungspotenziale zu identifizieren.
Die genaue Kenntnis der variablen Kosten ist auch für die Budgetierung und Planung unerlässlich. Bei der Erstellung von Budgets müssen die erwarteten Beschäftigungsschwankungen und ihre Auswirkungen auf die variablen Kosten berücksichtigt werden. Dies ermöglicht eine realistische Finanzplanung und hilft bei der Festlegung von Kostenvorgaben.
Herausforderungen und Optimierungspotenziale
Die Steuerung variabler Kosten birgt verschiedene Herausforderungen. Eine davon ist die korrekte Identifikation des Kostenverhaltens. Nicht immer ist eindeutig erkennbar, ob und in welchem Maße Kosten variabel sind. Zudem können sich Kostenverläufe im Zeitablauf ändern, etwa durch technologische Entwicklungen oder Marktveränderungen.
Eine weitere Herausforderung liegt in der Optimierung der variablen Kosten. Während Fixkosten oft durch langfristige Verträge oder Investitionen gebunden sind, bieten variable Kosten häufig mehr Spielraum für kurzfristige Anpassungen. Mögliche Ansatzpunkte sind: Die Verbesserung der Materialeffizienz durch optimierte Produktionsprozesse und Reduzierung von Ausschuss kann die variablen Kosten pro Einheit senken. Auch die Verhandlung besserer Konditionen mit Lieferanten bei steigenden Abnahmemengen bietet Einsparpotenzial. Die Automatisierung von Prozessen kann helfen, variable Personalkosten zu reduzieren, wobei hier die erforderlichen Investitionen gegen die erwarteten Einsparungen abgewogen werden müssen. Eine besondere Herausforderung stellt die Balance zwischen Kosteneinsparungen und Qualitätssicherung dar. Maßnahmen zur Reduktion variabler Kosten dürfen nicht zu Lasten der Produktqualität gehen, da dies langfristig höhere Kosten durch Reklamationen und Kundenabwanderung verursachen kann.