Bedarfsarten
Bedarfsarten in der Betriebswirtschaft sind Kategorien von Bedürfnissen, die in einem Unternehmen identifiziert werden, um die Planung und Steuerung der Produktion und Beschaffung zu unterstützen. Sie ermöglichen eine differenzierte Betrachtung des Material- und Produktbedarfs und dienen als Grundlage für effiziente Produktions- und Beschaffungsprozesse. Die Klassifizierung des Bedarfs erfolgt nach verschiedenen Kriterien, wie der Erzeugnisebene (Primär-, Sekundär-, Tertiärbedarf) und der Berücksichtigung des Lagerbestandes (Brutto- und Nettobedarf).
Klassifizierung nach Erzeugnisebene
In der Betriebswirtschaftslehre ist die Klassifizierung des Bedarfs nach der Erzeugnisebene von großer Bedeutung. Sie unterteilt sich in Primärbedarf, Sekundärbedarf und Tertiärbedarf.
Primärbedarf
Der Primärbedarf bezeichnet die Menge an Fertigprodukten oder verkaufsfähigen Waren, die ein Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums produzieren oder verkaufen will. Dieser Bedarf wird aus den Marktanforderungen und Kundenbestellungen abgeleitet und bildet die Grundlage für die weiteren Planungsprozesse im Unternehmen. Zum Beispiel kann der Primärbedarf eines Automobilherstellers die Anzahl der Fahrzeuge sein, die in einem Monat produziert werden sollen.
Sekundärbedarf
Der Sekundärbedarf ergibt sich aus dem Primärbedarf und umfasst alle Rohmaterialien, Teile, Komponenten und Zwischenprodukte, die zur Herstellung des Primärbedarfs erforderlich sind. Die Bestimmung des Sekundärbedarfs erfolgt oft durch Stücklistenauflösung, bei der jedes Fertigprodukt in seine Bestandteile zerlegt wird. Beispielsweise kann der Sekundärbedarf in der Automobilindustrie aus den für die Fahrzeugproduktion erforderlichen Reifen, Sitzen, Motoren und anderen Komponenten bestehen.
Tertiärbedarf
Der Tertiärbedarf bezieht sich auf den Bedarf an Betriebs- und Hilfsstoffen, die zur Aufrechterhaltung des Produktionsprozesses benötigt werden, aber nicht direkt in das Endprodukt eingehen. Dies umfasst beispielsweise Schmieröle, Reinigungsmittel oder Werkzeuge. Der Tertiärbedarf ist wesentlich für den reibungslosen Ablauf der Produktion und muss sorgfältig geplant werden, um Produktionsausfälle zu vermeiden.
Klassifizierung nach Berücksichtigung des Lagerbestandes
Eine wichtige Komponente der Bedarfsplanung ist die Berücksichtigung der Lagerbestände und die Aufteilung der Bedarfe in einen Brutto- und Nettobedarf. So kann innerhalb eines bestimmten Zeitraums der tatsächliche Bedarf der Produktion von dem Bedarf dafür noch zu beschaffender Güter unterschieden werden, wenn sich bspw. bereits ein Großteil davon im Lager befindet.
Bruttobedarf
Der Bruttobedarf gibt die Gesamtmenge an Materialien oder Produkten an, die für die Produktion oder den Verkauf benötigt werden, ohne Berücksichtigung des aktuellen Lagerbestandes. Er wird auf der Basis des Sekundär- und Tertiärbedarfs berechnet und bildet die Ausgangsbasis für die weitere Bedarfsplanung. Beispielsweise könnte der Bruttobedarf eines Unternehmens an Stahl 100 Tonnen betragen, wenn 100 Fahrzeuge hergestellt werden sollen.
Nettobedarf
Der Nettobedarf ist der tatsächliche Bedarf, der durch Einkauf oder Produktion gedeckt werden muss. Er wird ermittelt, indem vom Bruttobedarf der vorhandene Lagerbestand sowie offene Bestellungen abgezogen werden. Angenommen, ein Unternehmen hat einen Bruttobedarf an Stahl von 100 Tonnen und bereits 20 Tonnen auf Lager, wäre der Nettobedarf 80 Tonnen.
Praxisbeispiel
In einem produzierenden Textilunternehmen könnte der Primärbedarf aus der Anzahl der Kleidungsstücke bestehen, die in einer Saison verkauft werden sollen. Der Sekundärbedarf wäre die benötigte Menge an Stoffen, Knöpfen und Reißverschlüssen, während der Tertiärbedarf Dinge wie Nähmaschinenöl und Verpackungsmaterialien umfasst. Der Bruttobedarf eines bestimmten Stoffes könnte hierbei 10.000 Meter betragen. Wenn bereits 1.000 Meter dieses Stoffes auf Lager sind, beträgt der Nettobedarf hingegen 9.000 Meter.
Bedeutung der Bedarfsanalyse und Bedarfsplanung
Die Bedarfsplanung ist ein zentraler Aspekt der betriebswirtschaftlichen Logistik und Produktion. Sie ermöglicht es Unternehmen, ihre Ressourcen effizient einzusetzen, Lagerkosten zu minimieren und die Kundennachfrage zeitgerecht zu erfüllen. Eine genaue Bedarfsplanung hilft, Überproduktion und Materialengpässe zu vermeiden und trägt zur Steigerung der Gesamteffizienz und Wettbewerbsfähigkeit bei.
Die Analyse der Bedarfsarten ist dabei für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um ihre Produktions- und Beschaffungsprozesse zu optimieren. Sie ermöglicht eine präzise Planung, trägt zur Kostensenkung bei und unterstützt die Erreichung der Unternehmensziele. Ein tiefgehendes Verständnis der verschiedenen Bedarfsarten und deren effiziente Steuerung ist insbesondere in produzierenden Unternehmen unerlässlich um passgenaue Beschaffungsstrategien und Logistikprozesse für eine optimale Versorgung der Produktionsprozesse bei maximaler Liquidität gewährleisten zu können